Silverrose

1. Rosen&Stein




Im Westen von Norwegen, nördlich von Bergen, ein gutes Stück außerhalb aller Dörfer, zwischen Wald und Fels, stand unser großes Haus. Die nächsten Nachbarn waren zwei Kilometer entfernt. Um in die Stadt zu kommen, musste man schon mit dem Auto fahren, wenn man nicht Stunden unterwegs sein wollte. Aber man hatte eine super Aussicht.
Wir waren hier oft im Urlaub. Vor zwei Jahren haben wir hier ein Haus gebaut.
Jeden Samstag machten wir einen Spaziergang in die Berge mit der ganzen Familie, das hatten wir auch gemacht, als wir noch in Miami gewohnt hatten.
Und wie jeden Samstag hatte mindestens Einer versucht, sich davor zu drücken. Doch Mom bestand immer darauf, dass auch Jeder mitkam. Heute schaffte sie es, indem sie mir versprechen musste, dass mein Freund Jace heute bei mir übernachten durfte.
Gerade machten wir Pause an den Ruinen einer alten Farm.
„Ich habe keinen Bock mehr, lasst uns wieder nach Hause gehen!“, rief Tom, mein dreizehn Jahre alter Bruder. Er hatte blaue Augen wie mein Vater und auch seine schwarzen Haare, er war ein Meter sechzig groß und damit nur sechs Zentimeter kleiner als ich.
„Ehrlich Leute, ich kann auch nicht mehr!“, stimmte mein Vater zu. Er wollte nur nicht seine Lieblingsserie verpassen. Er war dünn und groß.
„Ihr habt Recht, wir sollten zurückgehen.“, sagte auch meine Mom. Eigentlich wanderte niemand gerne in unserer Familie. Sie schaute mich aus ihren grünen Augen fragend an. Sie war ungefähr so groß wie mein Bruder.
„Also ich gehe noch ein bisschen weiter.“, antwortete ich und drehte mich geschickt zu Jace um: „Kommst du mit?“
Jace sah aus, wie man sich einen Footballspieler vorstellte: groß, breite Schulten, schwarzes, strubbeliges Haar, und ich liebte ihn über alles.
„Klar, warum nicht?“ trällerte er fröhlich, mit seiner tiefen Stimme, er tat mir gerne den Gefallen.
„Wir sehen uns in zwei Stunden zu Hause.“, sagte ich und ergriff Jace´s Hand. Dann gingen wir los, und die Anderen machten sich auf den Weg bergab. Ich winkte zum Abschied, dann fragte ich, an Jace gewandt:
„Wie wäre es mit einem Wettrennen bis zu den Klippen?“
„Och nö!“
„Spielverderber.“, maulte ich und zog einen Schmollmund.
Darüber musste er lachen. Ich mochte sein Lachen, denn wenn er lachte, klang er immer so ehrlich sorglos. Auch wenn ich dieses Lachen gewohnt war, freute es mich jedes Mal aufs Neue, es zu hören.
Ich entgegnete leise:
„Ja, lach nur!“
Jetzt lachte er noch mehr, kriegte sich kaum wieder ein und musste stehen bleiben um Luft zu holen.
„Na komm, gehen wir“, forderte ich ihn auf.
„Okay.“, sagte er und wir gingen gemeinsam weiter den steilen Waldweg entlang. Er grinste immer noch.
Nach geschätzten 100Metern brach ich das Schweigen: „Wie wär’s, wenn wir den Höhlen mal wieder einen Besuch abstatten? Wir waren lange nicht mehr dort.“ Ich liebte diese Höhlen. In manchen gab es Seen und andere waren wunderschöne Tropfsteinhöhlen, an einigen Stellen gab es auch Edelsteine und in einer gab es sogar einen Wasserfall. Diese Höhle war auch heute mein Ziel. Jace und ich hatten sie entdeckt als wir sechs waren. Seitdem kamen wir oft hierher, auch wenn sie so weit weg waren und man so viel laufen musste, denn diese Höhlen hatten etwas Magisches. Man konnte in ihnen für ein paar Stunden der oft so grausamen Wirklichkeit entfliehen und in Ruhe nachdenken. Kaum einer kannte noch diese Höhlen, vielleicht waren wir auch die einzigen. Schließlich kam nie jemand in diese abgelegene Gegend. Sie waren wahrscheinlich schon lange verlassen.
„Warum nicht?“, stimmte er mir zu.
„Gut, dass in einer Woche Sommerferien sind.“, seufzte ich.
„Hast Recht. Länger halte ich meinen Mathelehrer nicht mehr aus.“
„Ach komm, so schlimm kann der doch nicht sein.“
„Doch. Gestern hat er uns acht Seiten, vorne und hinten in Mikroskopschrift bedruckt, aufgegeben. Mittlerweile zweifelt keiner mehr daran, dass er uns nur quälen will.“
„Jetzt übertreibst du.“ Warnte ich.
„Nein, ehrlich. Du könntest mir ja nachher helfen.“ Beteuerte er.
„Ich nehme alles wieder zurück.“
„Hilfst du mir trotzdem?“
„Nein, das machst du schön alleine.“
Während wir weiter quatschten, kamen wir endlich zu dem Bach, der unseren Weg kreuzte. Wir blieben stehen und zogen unsere Schuhe aus. Er drückte mir seine Schuhe in die Hand, während ich jammerte:
„Nicht schon wieder! Du machst dir noch den Rücken kaputt.“
Ihm war das ziemlich egal, er hob mich auf seine Muskelösen Arme und entgegnete nur:
„Ach was. So schlimm wird’s nicht.“
„Wird es wohl!“, jammerte ich weiter.
Er lachte, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und trug mich auf seinen Armen den Bach entlang, hinauf zu den Höhlen.
Wir stichelten aneinander herum und neckten uns wie immer. Er tat so, als wenn er mich fallen lassen würde, und ich krallte mich an seinen Hals. Und so ging das den ganzen Weg. Er trug mich durch den zerfallenen Steintorbogen, und an den vielen weiteren, von Efeu und Rosen bewachsenen, von der Zeit geprägten, Steinbögen und Laubengängen entlang, die in dunkle Höhlen führten, während wir lachten und herumalberten.
Als er vor der letzten der Höhlen, der mit dem Wasserfall, stand, setzte er mich ab und nahm seine Schuhe wieder in die Hand.
„Du wirst immer schwerer“, warf er mir vor.
„Ich hab dich gewarnt!“, erinnerte ich ihn.
„So schlimm ist es nun auch wieder nicht.“, sagte er, verdrehte die Augen und lächelte.
Dann beugte er sich zu mir herab und küsste mich. Mein Herz raste, wie immer. Er richtete sich wieder auf, legte mir einen Arm um die Hüfte und führte mich in die kalte Höhle. Während wir immer noch Quatsch machten.
„Weist du was?“ fragte ich Jace, während ich mir die Hosenbeine umkrempelte.
„Nein, sag´ es mir.“ fragte er mit echtem Interesse und kam auf mich zu.
Ich rannte in das kühle Wasser des Sees, verspritzte dabei sehr viel Wasser, sprang auf den dem Ufer nächsten Stein, antwortete:
„Ich habe Lust auf einen kleinen Trip durch den Wasserfall.“, drehte mich wieder zu ihm um und prustete los: ich hatte ihn von oben bis unten nass gespritzt, er sah mich verständnislos an.
„Freu´ dich über die Abkühlung.“ lachte ich, holte mit dem Fuß aus und spritzte noch mehr Wasser in seine Richtung. Diesmal wich er geschickt aus.
„Na, warte“ rief er, sprang auf den Stein und schubste mich ins tiefe, kalte Wasser. Als ich wieder aufgetaucht war, klagte ich:
„Also so nass wollte ich eigentlich nicht werden, das gibt Rache.“ Ich nahm seine Hand und zog ihn ins Wasser.
„Hey“ Beschwerte er sich und nahm mich in den Arm.
„Das war nicht fair!“
„´Tschuldigung“ trällerte ich durch das Tosen des Wasserfalls, mir tat es nicht wirklich Leid, ich fand das Ganze echt lustig.
„Angenommen“ sagte er trotzdem, mit einem breitem Grinsen, und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
„Komm“ sagte ich, wand mich geschickt aus seiner Umarmung und schwamm ihm voran durch den Wasserfall. Von da an schwiegen wir. Hier konnte ich wieder stehen, wir gingen weiter und das Magnetgefühl flammte wieder auf.
Der mit Wasser gefüllte Gang war dunkel und feucht. Das wenige Licht, was hierher kam, spiegelte sich gruselig an den Tropfsteinen. Bald wurde es so dunkel, das ich kaum noch meine Hände sah, mit denen ich mich an den immer felsigeren Wänden entlang tastete, um den Weg zu finden. Endlich mündete der kleine Fluss, durch den wir kamen, in einen See - das fiel mir sofort auf, weil die Wand, an der ich mich entlang tastete, plötzlich verschwand - und wir sahen auf der anderen Seite, kaum erkennbar, ein Ufer, wo in einem Gang schwaches Licht leuchtete. Es war ein seltsames Licht: Rosa-silbern schillernd - garantiert kein Tageslicht. Trotz der Angst, die immer größer wurde, und der Panik, die in mir aufstieg, ging ich weiter auf das Licht zu, und musste dann feststellen, dass das Magnet-Gefühl schon so stark war, dass es an meinem Verstand zehrte und ich nicht mehr klar denken konnte.
Jace, dessen Verstand noch arbeitete und der vor Angst und Kälte zitterte, streckte einen Arm aus und versuchte, mich an der Schulter zu packen. Ich wich aus und kletterte ans Ufer. Er zögerte erst, folgte mir dann aber.
Langsam richtete ich mich auf, meine Kleider waren vom vielem Wasser schwer, und ging den Gang entlang, langsam, Schritt für Schritt, mit jedem näher an den Magneten. Zögernd streckte ich die Hand aus und tastete mich an dem nun nicht mehr feuchten Fels entlang, mit jedem Schritt wurde das Licht heller, und der Magnet stärker, mit jedem Schritt mein Wille zu fliehen schwächer, und meine Angst vor dem, was mich erwartete, stärker, und mit jedem Schritt wurde mir mein Verstand vom Magnet genommen.
Mit jedem Schritt … wurde das ganze Gruseliger.
Gruselig.
Das war das richtige Wort.
In mir tobte der Kampf zwischen dem Magnet, der mich vorwärts zog, und meiner Angst, die verzweifelt versuchte, zu verhindern, dass das, was auch immer mich erwartete, mich kontrollierte. Doch der Magnet war stärker, mit unglaublicher Kraft zog er mich vorwärts.
Da packte Jace´s kräftige Hand mich am Arm und hielt mich auf, bevor ich um die wahrscheinlich letzte Ecke gehen konnte.
Jane, das ist nicht witzig, komm, lass uns bitte zurückgehen. Es ist echt gruselig, Bitte“ flehte er, es hörte sich so an, als ob es aus weiter Ferne käme, und drehte mich zu sich herum und was er da sah (das rosa-silberne Licht war nun so hell, dass er mein Gesicht klar sehen konnte) schockte ihn so sehr, dass er drei Schritte rückwärts stolperte und mich losließ. Er hatte erwartet, dass sich seine Angst in meinem Gesicht spiegeln würde. Ich sah bestimmt aus wie ein Zombie – völlig ausdruckslos.
„N-nein“ flüsterte ich „ich m-m-muss weiter“
Meine Stimme war schwach, sie kämpfte gegen die Worte, wie ich, und verlor genauso gnadenlos wie mein Verstand, und der Magnet zog mich die wenigen Schritte weiter um die letzte Biegung des dunklen Labyrinths und was ich dort im rosa-silbernen Licht sah, ließ mir den Atem stocken.

Am ende des Felsgangs –etwa drei Meter von mir entfernt war in der Felswand eine Hand große, steinerne, Rosa-Rose –vermutlich Rosenquarz in der Felswand. An den Blätterspitzen wich das zarte Rosa einem strahlendem Silber. Das Silber schillerte als wäre es flüssig –wie das Wasser eines kleines Teichs.
Hierher kam also das Licht.
Hauchzart, kaum erkennbar, war auf den Fels in blassem Rosa die Figur einer Frau von hinten gezeichnet - etwa zwanzig Zentimeter größer als ich. Die leuchtende Rose war ungefähr unten rechts auf ihrem rücken. Das war aber nicht das einzige Seltsame: auf dem Felsboden war Sand verstreut. Wie kam der den hierher? Eine seltsame Verbindung aus Verwunderung und Faszination mischte sich in die Angst und drohte zu überwiegen. Doch das war jetzt ziemlich Egal den jetzt über rannte die ganze macht des Magnets mich und versuchte mich zu Zwingen den Stein zu berühren.
Langsam ging ich weiter, bis ich nur noch die Hand ausstrecken musste um den Stein zu berühren, ich war Kurz vorm Ziel des Magnets, die Faszination über die Seltsam Magische Schönheit dieses Steins tilgte all meine Angst und ließ mich wieder klar denken, auf einmal fühlte ich mich hier fast wohl –als besuchte ich eine gute Freundin und ich lächelte über die plötzliche Wendung der Situation. Von der Faszination und dem Magnet-Gefühl –das noch da war, aber nicht Besitzergreifend sondern mich einladend zu sich zu sich zog - geleitet streckte ich die Hand aus.
Ich hielt inne als ich plötzlich Jace stimme nah hinter mir hörte, ich hatte in meiner Faszination gar nicht bemerkt, dass er mir gefolgt ist.
„Du hast doch nicht ehrlich vor diesen Gruseligen Stein zu berühren?!“ fragte er mich Panisch und Wütend zugleich mit einem fast schon Hysterischem Unterton, er teilte meine plötzliche Faszination ganz offensichtlich nicht.
„Bin halt neugierig“ rechtfertigte ich mich abwesend und zuckte die Schultern.
„Das sehe ich“ murmelte er in sich hinein. Ich hörte wie er sich umdrehte und nervös Richtung Ausgang ging. Ihm wäre es wahrscheinlich am liebsten wir würden so schnell wie möglich verschwinden, aber er wollte bestimmt auch nicht ohne mich gehen. Er hatte wahrscheinlich recht, wir sollten besser so schnell wie möglich wieder weg, meine Eltern machten sich bestimmt sorgen und außerdem, in Höhlen leuchtende Steine zu berühren war bestimmt keine gute Idee.
Doch ich konnte nicht widerstehen.
Und außerdem Leben wir in der Realität, und nicht in Irgendeiner Märchen Welt.
Also streckte ich die Finger aus und berührte die Rose an den Silber schillerndem Rand des untersten Blütenblattes. Der Stein war warm, als hätte er den ganzen Tag in der sonne gelegen. Dort wo ich den silbernen Stein berührte waren kleine Wellen, als ob man mit einem Finger in das ruhige Wasser eines Teichs tauchen würde, unter der harten, glatten, glasigen Oberfläche zusehen.

Auf einmal war es Stockdunkel und Jacke zischte:
„Verfluchte Scheiße“, er fluchte für sein leben gerne, doch ich war abgelenkt. ich hörte zwei stimmen in meinen Gedanken, als würde ich mich an ein Gespräch erinnern. Entsetzt riss ich die Augen auf.
Was für ein Gespräch war das?
Und warum klang die eine Stimme meiner so ähnlich?
Und warum war diese stimme so panisch?
Warum, Natalie? Warum?“ Fragte die panische Stimme
Du hattest immer das was ich haben wollte, Lady Sophia, würde es dich nicht geben hätte Sir. Nicolas mich geheiratet! Du und dein … dein Glück das du überall versprühst; es bring mich um! ich halt es nicht aus ich brauch` Rache!“ die zweite Stimme war so voll mit Hass, Spott, und Hysterischer Wut das es kaum mehr als eine Mischung aus Knurren und Fauchen war, doch ich erkannte das es auch eine Frauenstimme war.
Aber warum musst du mich umbringen? Das ist doch keine Lösung!“ flehte die panische stimme von Lady Sophia.
Ich hätte nicht gedacht, das du um dein Leben betteln würdest.“ lachte Natalie.
Ich zuckte so heftig zusammen, dass ich vier Schritte Rückwärts stolperte und mit Jace zusammen stieß, der in der Dunkelheit nach mir suchte, als mir endlich bewusst wurde das, dass ich gerade gehört hatte, die letzten Sekunden im leben meiner Ururur…Großmutter waren.
„Endlich hab ich dich.“ sagte Jace erleichtert.
„Das war das Bescheuerte was du je gemacht hast! Den Sprung vom Wasserfall inbegriffen.“ Warf er mir vor. Ich lachte müde: Letzten Sommer hatte ich ihn dazu überredet mit mir den Wasserfall in der Höhle erst rauf zu klettern und dann runter zu springen. Ich bin ganz gut unten angekommen, aber er hatte sich an einem Fels den Halben unter arm aufgeratscht. Das nahm er mir anscheinend immer noch ziemlich übel.
Während ich daran dachte fiel mir etwas auf:
Das Magnet-Gefühl war weg – und mit ihm die Faszination.
Was hieß, dass mich nichts mehr hier hielt. Also nahm ich Jace Hand und zog ihn hinter mir her, während ich mich am Fels zum Gang nach draußen tastete.
„Lass uns zurückgehen, meine Eltern machen sich bestimmt sorgen.“ Sagte ich, endlich hatte ich die richtige Richtung gefunden.
doch da stolperte und fiel auf kahlen Stein.
„he, du Kannst mich doch hier nicht einfach loslassen!?“
Ich hatte Jace Hand verloren. Eine kalte Hand griff nach meiner Hüfte, zog mich hoch und lies mich wieder los. Ich fand die wand und eine große Hand schloss sich wieder um meine Finger.
„Das hätte dir gerne früher einfallen können...“ während Jace mich weiter ausschimpfte und ich mich ihm voran aus der Höhle tastete, dachte ich über meine Ururur…Großmutter Lady Sophia nach.
Na ja, da sie vor lange zeit lebte, wusste ich nicht allzu fiel über sie: sie hatte früh geheiratet, aus dieser ehe kam ihr einziges Kind, eine Tochter, doch ihr Mann ist ein Jahr danach an Fieber gestorben. Zwei Jahre später Heiratete sie Sir Artuhr Nicolas und wurde dann mit circa Zwanzig Jahren ermordet. Danach wurde der ganze Besitz verkauft. Und jetzt das faule an der Sache: einen Tag darauf verschwand ihre beste Freundin Lady Natalie (die anscheinend die Mörderin ist). Zwei Tage nach ihrem verschwinden, fand man Lady Sophia´s Vater in seiner Kutsche – Tot. Seitdem wurde auch Sir Nicolas nicht mehr gesehen. Ich frage mich oft was mit ihm passiert ist.
Doch der Grund warum sie mich interessierte und warum ich sie so schnell erkannt habe ist, dass ich genau so aussehe wie sie - die gleichen langen Rotbraunen Haare, die gleichen kleinen, zierlichen Hände, die gleichen Leuchtenden Grünen Augen, die gleiche kleine Nase, die gleiche zerbrechliche Erscheinung (ich wusste das so gut weil bei uns ein Gemälde von ihr in meinem Zimmer hing) und auch die gleiche stimme habe, aber es war eigentlich einfach zu erklären, Ich bin Direkt mit ihr verwandt: seit Lady Sophia gab es in jeder Generation immer nur eine Tochter - nicht mehr und nicht weniger -, wir haben irgendwo Zuhause einen Familien Stammbaum wo die Jungen Namen Blau und die Mädchennamen Rosa sind, da sieht man ganz Klar die Linie die bei Lady Sophia (die drei Tanten hatte) beginnt und bei mir endet. Aber krass ist es schon.
Doch ich verstand den Zusammenhang nicht, warum habe ich das eben gehört?
Was hatte das zu bedeuten? Ich wusste es nicht.
Aber ich würde es herausfinden.
Schließlich hatte ich, wenn das eben wirklich passiert ist, habe ich gerade das größte Familiengeheimnis erfahren.
Da viel mir etwas mit einiger Verspätung auf: kalte kleine Hände haben mich aufgehoben, große heiße Hände gehörten aber Jace.
Es war noch wer dort gewesen.
Und auch hatte ich keinen Sand mehr gespürt als ich auf dem Boden lag, als ich kam war der Boden geradezu mit Sand bedeckt.
Rätsel über Rätsel.



2. Unerwünschter Besuch

Wir saßen am großen weißen Tisch, der hell eingerichteten Küche, aus deren großen Fenstern sahen wir, wie die Sonne hinter dem dichtem Wald verschwand, und aßen unseren letzten Rest Spagetti auf. Mein Vater diskutierte mit Jace und meinem Bruder Tom über ein Fußballspiel. Jana, die Kusine meiner Mutter war noch kurz vorbei gekommen bevor sie zu ihren Freund zurück nach Italien flog, und schwärmte uns von ihrem Haus, das sie dort gekauft hatten vor. Bald wurde der Nachtisch aufgedeckt und Jana begann in ihrer Tasche nach einem Foto zu kramen, doch ich hörte schon längst nicht mehr zu, ich konnte mich kaum noch auf die Gespräche konzentrieren. Ich hatte mich in meinen Lieblings Pullover gekuschelt. Mir war eiskalt, obwohl es in unserm riesigem Haus, schön warm war.

Als Jana sich verabschiedet hatte um ihren Flug noch zu kriegen, setzte ich mich nicht wieder an den Tisch, wie die anderen, sondern begann den Tisch abzuräumen, weil ich mich nicht am Gespräch beteiligen wollte. Ich bekam Gänsehaut vor Kälte. Irgendwie war ich traurig. Und es wurde immer schlimmer. Ich konnte die Gedanken die mich festhielten nicht abschütteln.
Jace kam mir bald zur Hilfe und räumte die Gläser in die Geschirrspülmaschine. Wir waren gerade fertig als der Rest sich ins verglaste, mit dunklen Möbeln bestückte Wohnzimmer, zurückzog. Ich wollte ihnen folgen und mich in irgendeine Ecke verkrümeln, doch da hielt Jace mich auf und fragte mich:
„Geht’s dir nicht gut? Du siehst müde aus. Möchtest du dich ausruhen?“
Ich erstarrte. Hatte er gemerkt das der Schock von heute Nachmittag noch so tief saß? Gemerkt, das ich den Gedanken an die gruseligen Ereignisse nicht los wurde?
Was soll ich tun? Ich konnte ihm schlecht die Wahrheit sagen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. In meiner Panik fiel es mir noch schwerer meine Lüge nicht zu verraten.
„Nein alles okay. Alles prima. Wie kommst du darauf?“
ich hatte ein wenig zu schnell und nervös gesprochen und das war ihm offensichtlich aufgefallen, denn er runzelte die Stirn, sagte aber trotzdem „Nur so.“ und ließ mich, immer noch mit gerunzelter Stirn in der Küche zurück. Mir war kalt und ich war traurig. Warum hatte ich ihm nicht gesagt, was los war?
Ich war allein. Ich spürte wie die Tränen kamen, also ging ich hoch in mein riesiges Zimmer und setzte mich auf den türkisen Schreibtischstuhl, stützte meine Ellenbogen auf den alten Schreibtisch, vergrub das Gesicht in meinen kleinen Händen und ließ die tränen fließen, weil ich zu erschöpft war, um sie aufzuhalten. Ich hoffte das Jace nicht kam um nach mir zu sehen. Jace. Ich hatte ihn belogen. Dass hatte ich noch nie getan. Wir hatten uns schon immer die Wahrheit gesagt.
Doch das war nicht der Einziege Grund. Ich verstand die zusammenhänge nicht. Und ich konnte es nicht leiden, wenn ich etwas nicht verstand. Ich verzweifle an Rätsel. Ich hasste es etwas nicht zu schaffen. Ich war ein sehr ehrgeiziger Mensch. Mein leben war von meinem taten zwang geprägt und Kontrolliert. Ich war nicht der Typ der aufgibt wen es Probleme gibt. Ich war eine Kämpfernatur. Ich war ein Sieger. Was andere können, kann ich auch. Das war immer so gewesen. Das zeichnete mich aus, das war meine Besonderheit, das war es was mich von allen anderen unterschied, was mich zu etwas einmaligem machte. Sollte das jemals anders sein? Warum konnte ich diese Situation nicht einfach mit links meistern wie so viele andere?
Doch das war nicht ganz der wahre Grund für meine Tränen, die nass und kalt an meinem arm hinunter flossen. Ich spürte sie auf der Gänsehaut. Eine Trauer die ich nicht verstand erfüllte mich, so verstörend und Mächtig, so tief wie ich noch nie gefühlt hatte. So tief. So schmerzhaft tief.
Ich begann zu zittern. Ich konnte meine Hände nicht mehr stillhalten. Kälte überkam mich wie die Trauer. Genauso mächtig. Genau so schmerzhaft. Genauso tief.
Die Kälte und die Trauer schienen sich vom Herzen auszubereiten. Es war als wenn ich erfrieren würde, ich spürte wie sich jeder einzelne Eiskristall bildete. So scheinbar langsam, und doch schnell kroch sie schleichend in mir hoch. So wie sich die Dunkelheit unwiderruflich ausbreitete wen die sonne und mit ihr das letzte Licht des Tages am Horizont verschwanden. Doch diese Nacht hatte keine Sterne, oder einen Mond der sie beleuchtete und sie erträglich machte, oder sie so besonders machte. Ja vielleicht sogar schön. Sie war dunkel, da war kein Licht. Nicht mal ein ferner Sonnenaufgang der Hoffnung gibt. Es würde keinen Tag mehr geben. Aber warum nicht? Ich fühlte so, aber warum? Ich sah keinen Grund. Ich spürte den Schmerz, aber warum? Ich wusste nicht was das bedeuten sollte. Eigentlich müsste ich doch glücklich sein. In meinem leben war nichts was mich hätte stören können.
Es war als wen ich gezwungen wäre aufzugeben. Als wen ich kalte, stechende, unsichtbare Ketten angelegt bekommen hätte, die mich zum verlieren zwangen, gegen etwas was ich nicht kannte.
Ketten aus Trauer und Kälte, geschaffen um mich in Dunkelheit, tot und verderben zu ziehen.
Qualvoll.
Langsam.
Schmerzhaft.
Unausweichlich.
Damit jede Zelle, jede Faser meines Körpers von dieser Schwarzen Pest vergiftet würde, und ich jede einzelne spürte, wie ein Rasiermesser, dass mich in kleine Stücke schnitt, wie tausende Rasiermesser.

Oh Gott. Was passiert hier mit mir? Hatte dieser Stein was damit zu tun? Und wenn ja, was hatte meine Ururur…Großmutter Lady Sophia damit zu tun?
Warum, warum fühlte ich mich so allein gelassen und beobachtet? Was hatte das alles zu bedeuten? Diese frage stellte ich mir immer wieder. Kalter Schweiß floss mir die Stirn hinunter.
Ich wusste nicht wie lange ich da so saß. Ich hatte keine Ahnung wie spät es war. Irgendwann war es dunkel.
Die zeit verging und mit den Stunden kam die Besserung.
Endlich hatte ich mich halbwegs gefasst und hob den Kopf, rieb mir die Augen und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Mit zitteriger Hand schaltete ich das Schreibtischlicht an und schaute mich in meinem Zimmer um. Es war gemütlich und mit hellen Möbeln bestückt. An den dunkelblauen Wänden standen weiße schränke, in denen überwiegend Bücher und Bilder standen. In dem Regal mir direkt gegenüber stand zwischen den Twilight- und den Harry Potter-Bänden das Bild von Lady Sophia. Ganz unschuldig, wie immer. Doch während ich das Bild im schwachem Schein der Schreibtischlampe betrachtete, kam es mir ihr lächeln etwas hämisch vor. Ich schüttelte den Kopf, jetzt wurde ich auch noch verrückt.
Mit zitterigen Beinen stand ich auf ging zu dem großem Regal, nahm die letzten zwei Harry Potter Bände in die Hand, bückte mich und legte sie auf den hellen Holzfußboden, um mich darauf zu stellen, und griff hinter das riesige, prunkvoll gerahmte Bild. Dort erfühlte ich die kleine Holzschachtel nach der ich suchte. Ich zog sie hervor und öffnete das reichlich verzierte Schmuckkästchen, während ich die zwölf Schritte zurück zum Schreibtisch ging. Im innerem lag auf einem rotem Seidenkissen eine feine goldene Kette an der ein großes, Schmales, goldenes Kreuz hing, in das eine Art Schlüssel eingraviert war. Auf der Rückseite waren Wörter eingraviert. For ever und Semper nox. Ich wusste nicht was es bedeuten sollte, mir machte das keinen Sinn.
Ich nahm die kette, stellte die Schachtel auf den Schreibtisch und zog ein paar der langen, schweren, weißen Vorhänge beiseite und sah mein blasses Spiegelbild im klarem Glas. Ich stand in meinen warmen Wollsocken vor den großen Fenstern, von denen man erst den dichten Wald um das Grundstück, und dann, in der ferne, die Stadt, mit ihren vielen erleuchteten Fenstern sah, die sich in großen, schwarzen Seen Spiegelten.
Auf einmal ging es mir besser. Ich holte tief Luft und wischte die letzten tränen weg. Irgendwas war hier faul. Warum ging es mir plötzlich besser?
Wahrscheinlich musste ich mich damit abfinden. Irgendwann würde ich die Lösung finden und bis dahin würde ich wohl lernen müssen, dass nicht alles im ersten Anlauf klappt.
Ich bewunderte das wertvolle Kreuz in meiner Hand. Es war das uralte Kreuz von Lady Sophia. Das Bild und die Kreuzkette waren die einzigen Erbstücke die ich besaß und wahrscheinlich die kostbarsten noch dazu. Der Schlüssel war kein gewöhnlicher Schlüssel: seine Zähne waren merkwürdig kunstvoll verschlungen und um einiges feiner gezeichnet. Sie erinnerten mich an keltische muster.
Ich schaute aus den großen Fenstern zum Mond hinaus, heute schien er sehr hell. Aber trotzdem erreichte er mich nicht. in mir war immer noch kein Licht und die Ketten waren immer noch da, aber ich konnte es ertragen.
Ich konnte nicht sagen wie lange ich so den Mond betrachtete, der hell auf mich hinunter strahlte und mich mit seinen Kratern, als wären es riesige Augen, beobachtete, als würde er auf etwas warten.
Warten. Das schien hier alles. Aber worauf? Ich konnte es nicht entziffern. Was sollte hier geschehen, wovon ich nichts wusste? Was sollte hier geschehen, das alles hier zu erwarten schien?
Ich schüttelte den Kopf. Gegenstände konnten nichts erwarten. Langsam verlor ich wirklich den verstand.
Auf einmal war es dunkel.
Stock finster. Fast hätte ich es gar nicht gemerkt. Denn ich war zu sehr auf den immer noch hellen Sternenhimmel und meine Gedanken konzentriert.
Im selben Moment hatte es an der Tür geklopft, und das schreckte mich auf.
Das Zimmer war dunkel, nur durch das Fenster vor dem ich stand drang noch ein wenig Licht herein. Mein schwaches Spiegelbild war verschwunden, stattdessen leuchtete der gruselige Wald zu mir herauf.



Ich tastete mich an den Möbeln entlang und stolperte fast über die zwei Harry-Potter bände. Endlich kam ich an der Tür an und griff nach der klinke um sie zu öffnen. Doch – oh Schreck – sie war schon offen und ich griff ins leere, so ,dass ich der Länge nach hinfiel, die Augen vor Schreck geweitet. Ich war schon unten angekommen bevor ich schreien konnte. Hart und schmerzhaft spürte ich den Holzboden an meinen Armen und meinem Gesicht. Meinen linken Arm hatte ich wahrscheinlich am Türrahmen auf geschrammt, denn er brannte höllisch.

„Au“ nuschelte ich in die Dunkelheit, ich hatte die Orientierung verloren.
„Jane?“ flüsterte Jace besorgt, irgendwo hinter mir.
Den hörte ich ein rumpeln und dann ein Geräusch aus würde etwas umfallen. Und kurz darauf den Aufschlag eines großen Körpers auf Holz.
„aua, warum hast du hier Bücher herumfliegen?“ kam es gedämpft aus der Dunkelheit.
Schnell richtete ich mich auf. während ich versuchte mich zu orientieren sagte ich ins dunkle:
„Sorry! Alles okay mit dir?“
Endlich ertastete ich den Türrahmen. Ich fuhr mit den fingern über den Lichtschalter, doch das licht blieb aus. Stromausfall.
„Denke schon. Und bei dir?“ kam es zurück.
„`Hab mir, glaube ich den Arm aufgeratscht“ sagte ich während ich mich umsah. Mittlerweile gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit.
„Wo bist du? Ich kann dich nicht sehen.“
„Irgendwo bei der Tür. Warte mal, hier muss doch irgendwo eine Taschenlampe sein?“
Hektisch fuhr ich mit der Hand über den Tisch neben der Tür, bis ich die kleine Taschenlampe gefunden hatte. Schnell schaltete ich die kleine Lampe ein.
Doch es blieb dunkel.
„Mist, Batterien alle.“
„Hast du nicht noch eine Kerze hier oben?“
„Ach, ja.“
Ich tastete mich zum Schreibtisch und öffnete die oberste Schublade. Da ich nichts sehen konnte warf ich einfach alles auf den Boden was ich nicht als Streichholzschachtel oder Teelicht identifizieren konnte. Es dauerte nicht lange bis ich alles gefunden hatte. Ich nahm ein Streichholz aus der Schachtel und zündete das Teelicht an.
Sofort war der Raum von schwachem licht erhellt und ich konnte wieder halbwegs sehen.
Es sah aus wie immer, bis auf den ganzen Kram den ich achtlos auf den Boden geschmissen hatte und die Bücher über die Jace gestolpert war.
Jace hatte sich wieder halbwegs aufgerappelt und schaute mich verwirrt an. Ich schaute auf meinen Arm, um nachzusehen warum er so schmerzte. Mein Arm war tatsächlich auf der Außenseite komplett aufgeratscht und blutete ein wenig.
„Autsch.“ sagte ich.
„Kann man wohl sagen. Vielleicht sollte sich das ein Arzt-“
„ach so schlimm ist es auch wieder nicht.“ Unterbrach ich.
„Ehrlich, das sieht nicht gut aus.“
„Wir können warten bis wir wieder Strom haben.“ Redete ich ihn nieder. Ich mochte es nicht wen er sich Sorgen machte, den so schlimm war es wirklich nicht.
„Schon gut, vielleicht sollten wir erst mal aufräumen?“ fragte er mit Blick auf das Chaos vor meinen Füßen. Ich bückte mich, doch er war schneller und hob alles auf, ließ es in die Schublade fallen und machte sie zu. Ich hob die Bücher mit einer Hand auf und stellte sie ins Regal zurück.
„Habt ihr öfters Stromausfall hier oben?“ fragte er neugierig während er sich auf den Schreibtischstuhl setzte.
„Manchmal, aber eigentlich müsste das licht schon wieder an sein.“ Antwortete ich, während ich mich rechts neben ihn an den Schreibtisch lehnte.
„Was ist mit deiner Hand?“
Überrascht folgte ich seinem Blick.
Meine linke Hand hatte ich so fest zur Faust geballt, das sich die Fingernägel gefährlich tief ins Fleisch gegraben hatten.
„Oh.“ Ich löste einen Finger nach den anderen. Heraus viel das Kreuz.
Während es fiel und die feine Goldkette durch meine Finger rann, wie warmes Wasser, spürte ich wie sich die unvertraute Kälte und Trauer wieder ausbreiteten. Die Ketten zerrten wieder an mir und ich hatte das Gefühl als wenn der Abgrund in den sie mich ziehen wollten ein ganzes Stück näher gekommen war.
Entsetzt riss ich die Augen auf, damit hatte ich nicht gerechnet.
Mein Körper verkrampfte sich schlagartig. Ich konnte mich nicht mehr rühren. Alles schien in Zeitlupe zu passieren. Naja nicht wirklich ich nahm einfach mehr war. Meine Finger begannen zu zittern, meine Augen zu tränen. Ich hatte keine Kontrolle über mich. Verzweifelt rang ich um Fassung.
Zum Glück fing Jack die Kette, auf bevor sie zu Boden fiel, zum Glück sah er nicht, dass ich mit meinen Nerven kämpfte, und zum Glück gab er mir die Kette wieder bevor er mich anschaute.
Dadurch gewann ich etwas Zeit um mich zu fassen. Er merkte nichts.
„Ist das nicht die Kette von deiner Urgroßmutter, oder so?“
„Ja.“ Antwortete ich kurz angebunden und schluckte, mein Hals war auf einmal unnatürlich trocken.
„Die trägst du doch sonst nie?“
„weiß nicht.“
„Warte mal ich helfe dir.“ Sagte er und nahm mir die Kette aus der Hand und legte sie mir um den Hals.
„Steht dir.“ sagte er und schaute mich an. Da das licht so schwach war konnte er nicht sehen, wie schlecht es mir ging.
„Danke.“ Nuschelte ich.
Er schaute mich nachdenklich an und ich schaute auf meine Hände. Er wusste, dass irgendwas nicht stimmte, doch ich hatte beschlossen nichts zu sagen. Also standen wir da und schwiegen. Es war still.
Die Minuten vergingen.
Ich schloss die Augen und tränen flossen über mein Gesicht. Jace streckte eine Hand aus. Zog sie aber zurück als wen er nicht wüsste was er sah.
„Vielleicht sollten wir mal nachgucken, warum die so lange brauchen?“ flüsterte ich, es schien die stille zu zerfetzen.
„Stimmt, vielleicht hat euch jemand die Leitung abgeklemmt.“ Sagte er steif, er versucht sich nichts anmerken zu lassen.
Ich lächelte schwach.
„Ich bin mir sicher, dass wir die letzte Stromrechnung bezahlt haben.“ ich bemühte mich sehr ein schüchternes Lächeln zustande zu bringen.
„Wer weiß, vielleicht wollte euch nur jemand einen Streich spielen.“ Jetzt klang es schon wieder wie ein Scherz.
„Ich wüsste nicht, dass wir feinde haben.“
Sagte ich während ich das Teelicht in die Hand nahm und zur Tür ging. Er folgte mir.
Am Türrahmen blieb ich stehen und drückte auf den Lichtschalter.
Das licht blieb abermals aus.
„Schade.“
Plötzlich hörten wir Geschrei und zersplitterndes Glas. Erschrocken schauten wir uns an. 

Doch bevor wir irgendwas unternehmen konnten, bevor wir auch nur begriffen hatten was unten los war, flogen hinter uns die Scheiben aus den Fenstern und zerbarsten in tausende Stücke.
Reflexartig duckte ich mich um den Scherben zu entgehen. Als es still war und ich keine Scherben herum fliegen hörte, richtete ich mich auf. Ein kalter Luftzug blies das Teelicht in meiner Hand aus. Es flackerte noch ein wenig bevor es die Dunkelheit wieder einkehren lies. Langsam sah ich mich um. Die langen Vorhänge wiegten sich in der kühlen Brise. Die Scherben spiegelten das schaurig blasse Mondlicht. Ich verengte die Augen. Es war Still, auch von unten war nichts zu hören. Ich traute der Stille nicht.
Jace nahm meine Hand. Er traute ihr genauso wenig. Ein Instinkt sagte mir, dass ich weg rennen sollte, doch bevor ich dem nachkommen konnte, erschienen Drei dunkle Gestaltern, die lange Schatten auf den Scherben übersehen Boden warfen. Ich hörte einen leisen Schuss und spürte einen stechenden Schmerz im rechten Oberarm. Ich griff an meinen Arm und fuhr mit dem Kopf überrascht nach rechts Obwohl ich nichts sah. Da Jace meine Hand nicht los lies spürte auch er wie warmes Blut in meinen Pullover sickerte. Und das lies ihn erstarren. Die Silhouetten der drei Gestalten die da im schaurigen Mondlicht standen, sagten mir ziemlich deutlich, dass alle drei Waffen in den Händen hielten.
Mein Puls war sofort auf 180. Ich spürte regelrecht wie das Adrenalin in mein Blut schoss. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Die Panik stieg schlagartig in mir hoch. Meine Gedankengänge wurden ungewöhnlich schnell. Es war klar, dass diese Drei die Absicht hatten zu Töten. Das musste mir keiner sagen. Es ging alles ganz schnell. Von Null auf Hundert. In weniger als einer Millisekunde.
Ich drehte mich auf der Ferse um und zog Jace hinter mir her, während ich erst den dunklen Flur und dann die finstere Treppe hinunter raste, allein geleitet von meinem Instinkten, meiner Panik und etwas was ich nicht kante, mir aber sehr half mich zu orientieren. Später würde ich dafür sehr dankbar sein, aber jetzt hatte ich keine zeit dazu. Endlich erreichte ich das Erdgeschoss und immer noch zog ich Jace hinter mir her - ich war schneller als er. Es lag etwas in der Luft, ein Geruch, für den ich nicht genügend Zeit hatte ihn zu erahnen. Schnell öffnete ich die nächste Tür und lief hinaus in den dunklen Wald.
Ich rannte, rannte um mein Leben, das war mir bewusst. Lief durch das dunkle Säulenlabyrinth, ohne zu wissen wohin, die Orientierung hatte ich verloren. Stolperte, fing mich ab und lief weiter, verhedderte mich und riss mich los. Doch ich hielt nicht an, rannte weiter, denn ich wusste, dass wir noch nicht sicher waren, auch wenn ich schon weit gerannt war. Ich hörte sie nicht, doch ich wusste dass sie uns verfolgten. Ich hörte meinen Atem und seinen, das Laub unter unseren Füßen, und das rascheln der Blätter über uns. Ich spürte wie das Blut heiß durch meine Adern schoss. Und ich spürte meine wunden. Die Luft brannte in der Lunge. Meine Füße spürte ich nicht mehr wirklich. Doch ich macht keine Pause. Wir rannten durch die dunkle Nacht, ohne Orientierung, ohne zu wissen vor wem wir weg rannten, noch ob wir überhaupt eine Chance hatten zu entkommen, oder ob wir rannten ohne das es Sinn mache und wir am Ende sowieso starben.
Die Wurzeln versuchten nach uns zu greifen, uns zu halten, so kam es mir vor. Die Bäume schienen sich uns in den weg zu stellen. Es schien unwirklich, doch es war real.
Ich hoffte das wir Richtung Straße liefen, sonst waren wir verloren, unseren Verfolgern schutzlos ausgesetzt, auf einem silbernem Tablett serviert. Ich wusste, dass unsere Verfolger schneller waren als wir, ich hatte es im Gefühl. Es konnte nicht mehr lange dauern. Sie würden nicht zögern auch das hatte ich im Gefühl. Wenigstens müssten wir nicht lange leiden, doch das beruhigte mich wenig. Ich hoffte noch zu entkommen, Jace retten zu können.
Ich spürte meine Beine nicht mehr, sie drohten nachzugeben, sie zitterten. Doch ich zwang mich durch zu halten. Meine Hände waren Schweißnass. Ich schaute hektisch durch den Dunkeln verlassenen Wald. Ich wusste nicht wonach ich suchte. Ein Hinweis wohin ich lief; Ein Versteck; oder unsere Verfolger? Doch ich fand nichts.
Das Haus konnte ich nicht mehr ausmachen. Es war zu weit weg und zu dunkel.
Plötzlich gab es einen Ruck und Jace Hand entglitt mir. Ich drehte mich sofort um. Er hatte sich in einer Wurzel verheddert und war gefallenen. Er packte sich an seinen Fuß, der in einem merkwürdigem Winkel Abstand.
„oh nein“
Er versuchte aufzustehen, wankte und sackte zusammen. Etwas Dunkles klebte an seinen Fingern.
Noch mal versuchte er auf zustehen. Vergeblich.
Er schaute mich hoffnungslos an.
„NEIN!“
doch er sprach die unmöglichen Worte aus.
„Lauf ohne mich.“
„Nein! Ich kann nicht“
„DU MUSST! Lauf. Sie dürfen dich nicht kriegen. Ich kann nicht mit.“
„Ich kann nicht ohne dich!“
Ich dachte, so würden wir beide sterben.
„Du musst. LAUF, verdammt.“ Schrie er.
„NEIN!“ schrie ich zurück.

Etwas sagte mir, dass Sie da waren. Ich wusste, dass es nun keine Minute mehr dauern würde, bis der Tod uns unwiderruflich in seinen Fängen hatte. Doch ich wollte nicht aufgeben, also packte ich Jace und zog ihn hoch, mit aller verbliebenen Kraft zerrte ich ihn auf die Beine und versuchte ihn zutragen. Ich umklammerte ihn, hielt ihn fest. So fest wie die Hoffnung. Ich machte ein paar Schritte. Versuchte zu laufen. Alles war voller Blut. Ich sah es nicht. Doch ich spürte es.
Ich hörte Flügel schlagen. Ein Windstoß wehte mir die Blutgetränkten Haare aus dem Gesicht. Ich schaute auf. Vor mir standen drei absurd schönen Frauen. Die schwarzen Federn ihrer Flügel verwehten im Wind, während ihre langen, roten Haare im Mondlicht schillerten. Sie trugen schwarze Kleidung.
Meine Augen waren immer noch vor schrecken geweitet. Ich sah immer noch alles in vielen Bilden. Ich drehte mich auf dem Absatz um und wollte weg rennen, obwohl ich wusste, dass ich keine Chance hatte. Doch da spürte ich schon den Gewehrlauf an meiner Brust. Das schwarze, glänzende Gewehr wurde von einem stattlichem jungen Man gehalten.
„Nein...“ kam es mir noch über die Lippen.
Stille.
Und dann die leisen, gedämpften Schüsse.
Drei Schüsse spürte ich mit voller Wucht. versuchten mich um zuschmeißen. Mit jedem Schuss torkelte ich einen schritt zurück. Ich spürte wie noch mehr Blut lief. Meine Beine begannen nachzugeben. Ich hörte noch zwei Schüsse. Doch ich spürte nur noch den Rückschlag, der mich aus dem Gleichgewicht brachte, und ich wusste, dass nicht ich sonder Jace getroffen war.
Fast wie in Zeitlupe nahm ich wahr wie der Boden auf mich zu kam.
„Nein“ hauchte ich, und spürte etwas Heißes in meiner Lunge.
Die Knie hatten den Boden erreicht. Die Gestalten waren verschwunden.
Ich schaute auf Jace der nur noch schlaff in meinen Armen hing.- Er war tot.
„Nein…“ gurgelte ich, ich hörte mich kaum noch.
Gleich würde ich tot sein. Ich hatte immer noch nicht begriffen was los war.
Ich schaue zum Himmel, sah das schwarze Blätterdach und ein paar schwarze Federn. Tränen strömten über mein Gesicht und mischten sich mit Blut. Ich bekam keine Luft mehr. Mein Herz, es war still. Ich senkte den Blick, während ich langsam vorne über kippte. In der ferne sah ich ein helles Licht, das sich explosionsartig ausbreitete, Flammen die mich zu sich winkten. Ich griff nach Jace´ Hand, sie war noch warm. Meine Augen vielen zu und das letzte was ich sah waren Jace starre Augen.
Es war alles so schnell gegangen.
Doch der Tot, die letzten Sekunden, so langsam und zäh. Es war schwarz geworden, der Schmerz war weg. Ich sah nichts mehr, roch und hörte auch nichts mehr. Ich trieb in dunklem Wasser, weder warm noch kalt. Oder war es Luft? Ich war schwerelos, doch ich bewegte mich träge. Ich war im nichts. Meine sinne waren mir genommen? Ich spürte eine warme Umarmung und Hände die meine nahmen. Jace Hände. Doch ich hatte alles vergessen, oder? Ich sah Dinge. Vergangenheit. Jace´ und meine Vergangenheit. Plötzlich bemerkte ich, dass Jace sich entfernte, während sich unser Leben sich rückwärts abspielte. Und dann hielt ich nur noch seine Hand. Ich versuchte mich daran zu klammern. Doch er ließ locker und dann berührten sich nur noch unsere Fingerspitzen.
Jetzt war ich allein und das letzte Bild verblasste. Zwei Kinder die auf einem Stein, in einem See, saßen und Kekse teilten. Der See war in einer Höhle und hinter den Zweien toste ein riesiger Wasserfall. Der Tag an dem wir uns zum ersten Mal trafen.
Nun wusste ich nichts mehr.
Nur das ich tot war.
Sonst war da nichts.
Nicht einmal leere.
Ich konnte mich an nichts mehr erinnern.
Alles war verschwunden. Und es hinterließ auch keinen Platz.
Alles was ich wusste war das ich tot war.
Das es vorbei war.
Nicht mehr,
aber auch nicht weniger.







2.Erwachen

Ich schwamm in trüben Schmerz. In Dunkelheit. Und Taubheit.
In Kälte. Und in angst. Ich schwamm in Einsamkeit. So wie man dahin trieb in kaltem Meerwasser.
Ich spürte ein schwaches pochen in meiner Brust.
Ich hörte Maschinen.
Und stimmen.
Doch ich konnte mich immer noch nicht rühren. Alles war taub und schwer.

Es war, als wenn ich auf dem Grund des Meeres liegen würde.
Alles war so fern und irreal. Taubheit begleitete mich und alles schwamm irgendwo dort draußen in dem trüben Wasser. Ich konnte keine klaren Gedanken fassen. Alles schwamm an mir vorbei. Stimmen. Geräusche. Gedanken. Ich konnte sie nicht fassen. Alles war nur ein trüber Schatten in meiner Wahrnehmung.


Es war alles rätselhaft. Ich wusste nur eins: ich war am leben. Nicht mehr, und nicht weniger.


Es schien viel Zeit zu vergehen. Doch ich war mir nicht sicher. Es gab Zeiten, wo die Dinge fast greifbar waren, doch dann war ich wieder in meiner leeren Trance gefangen.


Und so vergingen Stunden. Vielleicht auch tage. Oder Wochen. Es hätte auch ein Jahr sein können. Oder hunderte.


Ich spürte einen Puls in meiner Dunkelheit. Meinen. Ein Herz pochte. Meines. Ein schwacher und gleichmäßiger Atem. Meiner.
Meine Brust hebte und senkte sich, schwach, in den schwachen Rhythmus meiner selbst. Ich war mir selbst fremd und meiner nicht bewusst.
Doch es wurde schwarz um mich, und wieder verlor sich jeder Gedanke, und jedes Gefühl in der Dunkelheit und Taubheit


Es wurde wieder klarer. Diesmal schneller. Ich nahm durch die geschlossenen Augenlider Spärliches Licht wahr. Ich spürte meine schweren Gliedmaßen. Alles war schwer, ich spürte meinen Körper als Einzige Ruine. Ich fragte mich was geschehen war, solange bis wieder alles schwarz um mich war und ich mich wieder in der leere verlor.


Es war wieder hell. Sonnenlicht, So schien es. Zwei stimmen- ein Mann und eine Frau. Sie stritten leise. Als wenn Sie bemüht wären keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Oder niemanden zu stören. Ich spürte etwas Weiches unter meinem Kopf. Es roch nach Desinfektionsmittel. Es war warm. Ich spürte meine Taubheit. Alles war immer noch fern. Und alles verschwand wieder im nichts.

Diese Wahrnehmung war nur ein kurzes leuchten in meiner leere.
Blitzartig wurde mir bewusst, dass ich auf einem Bett lag und einige Bandagen trugen.
Doch mehr auch nicht, denn es wurde schnell wider leer in meinem Kopf.

Bei diesem mal war ich darauf gefasst, gleich wieder zu verschwinden, also versuchte ich schnell soviel wie möglich war zu nehmen, doch ganz unerwartet hatte ich mehr zeit als ich dachte. Ich konnte den schweren Körper spüren, der mich gefangen nahm. Ich hörte aber auch einige Atem Geräusche die nicht zu mir gehörten, einen sehr ruhigen, wahrscheinlich schlief der Besitzer, und eine ein wenig schnelleren. Ich riskierte den versuch meine Hand zu bewegen; mit aller Kraft konzentrierte ich mich auf den kleinen Finger, und tatsächlich bewegte er sich ein winziges Stück Himmelwärts dann der Ringfinger, als ich den Mittelfinger anheben wollte gab es einen kleinen Ruck an meinem Bett und der nicht ganz ruhige Atem wurde hektisch.
Leon, das solltest du dir ansehen!“ sagte eine junge Männerstimme.
hmm? Oh misst bin wohl eignenickt. Was los?“ der ruhige Atem wurde zu einer tiefen dröhnenden stimme.
Das Mädchen.“
Der ältere der beiden, Leon, sprang auf und wurde panisch.
Was Christopher? Was?“
Ihre Hand“ etwas kleinlaut, Christopher schien sichtlich eingeschüchtert.
Ich bewegte meinen Zeigefinger, dann den Daumen. Ich zog alle Finger heran und ballte eine Faust.
Hallo, kannst du mich hören?“ sagte Leon.
Ich wollte meine Lippen bewegen und etwas sagen doch es wurde alles wieder schwarz und leer.
Hallo?“

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

heii,
wollt mal so sagen, dass zwischenzeitlich der Text "unsichtbar" ist, also du hast in in schwarz geschrieben nicht in weiß, deswegen kann man die stelle nicht wirklich lesen, ansonsten weißt du ja wie ich deine Geschichte finde ;D
lg
Evelyn