20.02.2011

Und nun wird´s traurig

2. Unerwünschter Besuch

Wir saßen am großen weißen Tisch, der hell eingerichteten Küche, aus deren großen Fenstern sahen wir wie die Sonne hinter dem dichten Wald verschwand, und aßen unseren letzten Rest Spagetti auf. Mein Vater diskutierte mit Jacke und meinem Bruder Tom über ein Fußballspiel. Jana, die Kusine meiner Mutter war noch kurz vorbei gekommen bevor sie zu ihren Freund zurück nach Italien flog, und schwärmte uns von ihrem Haus das sie dort gekauft hatten vor. Bald wurde der Nachtisch aufgedeckt und Jana begann in ihrer Tasche nach einem Foto zu kramen, doch ich hörte schon längst nicht mehr zu, ich konnte mich kaum noch auf die Gespräche konzentrieren. Ich hatte mich in meinen Lieblings Pullover gekuschelt. Mir war eiskalt, obwohl es in unserm riesigem Haus, schön warm war.

Als Jana sich verabschiedet hatte um ihren Flug noch zu kriegen, setzte ich mich nicht wieder an den Tisch wie die anderen, sondern begann den Tisch abzuräumen, weil ich mich nicht am Gespräch beteiligen wollte. Ich bekam Gänsehaut vor Kälte. Irgendwie war ich traurig. Und es wurde immer schlimmer. Ich konnte die Gedanken die mich festhielten nicht abschütteln.
Jace kam mir bald zur Hilfe und räumte die Gläser in die Geschirrspülmaschine. Wir waren gerade fertig als der Rest sich ins verglaste, mit dunklen Möbeln bestückte Wohnzimmer, zurückzog. Ich wollte ihnen folgen und mich in irgendeine ecke verkrümeln, doch da hielt Jace mich auf und fragte mich:
„Geht’s dir nicht gut? Du siehst müde aus. Möchtest du dich ausruhen?“
Ich erstarrte. Hatte er gemerkt das der schock von heute Nachmittag noch tief saß? Gemerkt, das ich den Gedanken an die gruseligen Ereignisse nicht los wurde?
Was soll ich tun? Ich konnte ihm schlecht die Wahrheit sagen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. In meiner Panik fiel es mir noch schwerer meine Lüge nicht zu verraten.
„Nein alles okay. Alles prima. Wie kommst du darauf?“
ich hatte ein wenig zu schnell und nervös gesprochen und das war ihm offensichtlich aufgefallen, denn er runzelte die Stirn, sagte aber trotzdem „Nur so.“ und ließ mich, immer noch mit gerunzelter Stirn in der Küche zurück. Mir war kalt und ich war traurig. Warum hatte ich ihm nicht gesagt, was los war?
Ich war allein. Ich spürte wie die Tränen kamen, also ging ich hoch in mein riesiges Zimmer und setzte mich auf den Türkisen Schreibtischstuhl, stützte meine Ellenbogen auf den alten Schreibtisch, vergrub das Gesicht in meinen kleinen Händen und ließ die tränen fließen, weil ich zu erschöpft war um sie aufzuhalten. Ich hoffte das Jace nicht kam um nach mir zu sehen. Jace. Ich hatte ihn belogen. Dass hatte ich noch nie getan. Wir hatten uns schon immer die Wahrheit gesagt.
Doch das war nicht der Einziege Grund. Ich verstand die zusammenhänge nicht. Und ich konnte es nicht leiden wenn ich etwas nicht verstand. Ich verzweifle an Rätsel. Ich hasste es etwas nicht zu schaffen. Ich war ein sehr ehrgeiziger Mensch. Mein leben war von meinem taten zwang geprägt und Kontrolliert. Ich war nicht der Typ der aufgibt wen es Probleme gibt. Ich war eine Kämpfernatur. Ich war ein Sieger. Was andere können, kann ich auch. Das war immer so gewesen. Das zeichnete mich aus, das war meine Besonderheit, das war es was mich von anderen unterschied, was mich zu etwas einmaligem machte. Sollte das jemals anders sein? Warum konnte ich diese Situation nicht einfach mit links meistern wie so viele andere?
Doch das war nicht ganz der wahre Grund für meine Tränen, die nass und kalt an meinem arm hinunter flossen. Ich spürte sie auf der Gänsehaut. Eine Trauer die ich nicht verstand erfüllte mich, so verstörend und Mächtig, so tief wie ich noch nie gefühlt hatte. So tief. So schmerzhaft tief.
Ich begann zu zittern. Ich konnte meine Hände nicht mehr stillhalten. Kälte überkam mich wie die Trauer. Genauso mächtig. Genau so schmerzhaft. Genauso tief.
Die Kälte und die Trauer schienen sich vom Herzen auszubreiten. Es war als wenn ich erfrieren würde, ich spürte wie sich jeder einzelne Eiskristall bildete. So scheinbar langsam, und doch schnell kroch sie schleichend in mir hoch. So wie sich die Dunkelheit unwiderruflich ausbreitete wen die sonne und mit ihr das letzte licht des Tages am Horizont verschwanden. Doch diese Nacht hatte keine Sterne, oder einen Mond der sie beleuchtete und sie erträglich machte, oder sie so besonders machte. Ja vielleicht sogar schön. Sie war dunkel, da war kein licht. Nicht mal ein ferner Sonnenaufgang der Hoffnung gibt. Es würde keinen Tag mehr geben. Aber warum nicht? Ich fühlte so, aber warum? Ich sah keinen Grund. Ich spürte den Schmerz, aber warum? Ich wusste nicht was das bedeuten sollte. Eigentlich müsste ich doch glücklich sein. In meinem leben war nichts was mich hätte stören können.
Es war als wen ich gezwungen wäre aufzugeben. Als wen ich kalte, stechende, unsichtbare Ketten angelegt bekommen hätte, die mich zum verlieren zwangen, gegen etwas was ich nicht kannte.
Ketten aus Trauer und Kälte, geschaffen um mich in Dunkelheit, tot und verderben zu ziehen.
Qualvoll.
Langsam.
Schmerzhaft.
Unausweichlich.

Damit jede Zelle, jede Faser meines Körpers von dieser Schwarzen Pest vergiftet würde, und ich jede einzelne spürte, wie ein Rasiermesser, dass mich in kleine Stücke schnitt, wie tausende Rasiermesser.
Oh Gott. Was passiert hier mit mir? Hatte dieser Stein was damit zu tun? Und wenn ja, was hatte meine Ururur…Großmutter Lady Sophia damit zu tun?
Warum, warum fühlte ich mich so allein gelassen und beobachtet? Was hatte das alles zu bedeuten? Diese frage stellte ich mir immer wieder. Kalter Schweiß floss mir die Stirn hinunter.
Ich wusste nicht wie lange ich da so saß. Ich hatte keine Ahnung wie spät es war. Irgendwann war es dunkel.
Die zeit verging und mit den Stunden kam die Besserung.
Endlich hatte ich mich halbwegs gefasst und hob den Kopf, rieb mir die Augen und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Mit zitteriger Hand schaltete ich das Schreibtischlicht an und schaute mich in meinem Zimmer um. Es war gemütlich und mit hellen Möbeln bestückt. An den dunkelblauen Wänden standen weiße schränke, in denen überwiegend Bücher und Bilder standen. In dem Regal mir direkt gegenüber stand zwischen den Twilight- und den Harry Potter-Bänden das Bild von Lady Sophia. Ganz unschuldig, wie immer. Doch während ich das Bild im schwachem Schein der Schreibtischlampe betrachtete, kam es mir ihr lächeln etwas hämisch vor. Ich schüttelte den Kopf, jetzt wurde ich auch noch verrückt.
Mit zitterigen Beinen stand ich auf ging zu dem großem Regal, nahm die letzten zwei Harry Potter Bände in die Hand, bückte mich und legte sie auf den hellen Holzfußboden, um mich darauf zu stellen, und griff hinter das riesige, prunkvoll gerahmte Bild. Dort erfühlte ich die kleine Holzschachtel nach der ich suchte. Ich zog sie hervor und öffnete das reichlich verzierte Schmuckkästchen, während ich die zwölf Schritte zurück zum Schreibtisch ging. Im innerem lag auf einem rotem Seidenkissen eine feine goldene Kette an der ein großes, Schmales, goldenes Kreuz hing, in das eine Art Schlüssel eingraviert war. Auf der Rückseite waren Wörter eingraviert. For ever und Semper nox. Ich wusste nicht was es bedeuten sollte, mir machte das keinen Sinn.
Ich nahm die kette, stellte die Schachtel auf den Schreibtisch und zog ein paar der langen, schweren, weißen Vorhänge beiseite und sah mein blasses Spiegelbild im klarem Glas. Ich stand in meinen warmen Wollsocken vor den großen Fenstern, von denen man erst den dichten Wald um das Grundstück, und dann, in der ferne, die Stadt, mit ihren vielen erleuchteten Fenstern sah, die sich in großen, schwarzen Seen Spiegelten.
Auf einmal ging es mir besser. Ich holte tief Luft und wischte die letzten tränen weg. Irgendwas war hier faul. Warum ging es mir plötzlich besser?
Wahrscheinlich musste ich mich damit abfinden. Irgendwann würde ich die Lösung finden und bis dahin würde ich wohl lernen müssen, dass nicht alles im ersten Anlauf klappt.
Ich bewunderte das wertvolle Kreuz in meiner Hand. Es war das uralte Kreuz von Lady Sophia. Das Bild und die Kreuzkette waren die einzigen Erbstücke die ich besaß und wahrscheinlich die kostbarsten noch dazu. Der Schlüssel war kein gewöhnlicher Schlüssel: seine Zähne waren merkwürdig kunstvoll verschlungen und um einiges feiner gezeichnet. Sie erinnerten mich an keltische muster.
Ich schaute aus den großen Fenstern zum Mond hinaus, heute schien er sehr hell. Aber trotzdem erreichte er mich nicht. in mir war immer noch kein Licht und die Ketten waren immer noch da, aber ich konnte es ertragen.
Ich konnte nicht sagen wie lange ich so den Mond betrachtete, der hell auf mich hinunter strahlte und mich mit seinen Kratern, als wären es riesige Augen, beobachtete, als würde er auf etwas warten.
Warten. Das schien hier alles. Aber worauf? Ich konnte es nicht entziffern. Was sollte hier geschehen, wovon ich nichts wusste? Was sollte hier geschehen, das alles hier zu erwarten schien?
Ich schüttelte den Kopf. Gegenstände konnten nichts erwarten. Langsam verlor ich wirklich den verstand.
Auf einmal war es dunkel.
Stock finster. Fast hätte ich es gar nicht gemerkt. Denn ich war zu sehr auf den immer noch hellen Sternenhimmel und meine Gedanken konzentriert.
Im selben Moment hatte es an der Tür geklopft, und das schreckte mich auf.
Das Zimmer war dunkel, nur durch das Fenster vor dem ich stand drang noch ein wenig Licht herein. Mein schwaches Spiegelbild war verschwunden, stattdessen leuchtete der gruselige Wald zu mir herauf.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Naja der 1 teil war besser ! Was ist mit dir los ??? Ich mag es nicht !!
Von Lilly